Machtfülle des Bundesgesundheitsministers und Entmachtung des Gesetzgebers durch das neue deutsche Infektionsschutzgesetz
Ein Beitrag von Dagmar Richter *
vom 20.04.2020 / Update: 24.04.2020 / Nachlese: 15.12.2020
Erinnerung und Gegenwart
Um das Ausmaß des Problems für den Rechtsstaat zu verdeutlichen, muss drastisch formuliert werden: Ermächtigungsgesetz. Die Rede ist vom neuen § 5 Absatz 2 Nr. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG),[1] d.h. von der Frage, wie viel Verlagerung von Entscheidungen vom Parlament auf den Gesundheitsminister die freiheitliche Demokratie verträgt. Spezielles Polizeirecht mit lokaler Reichweite war gestern; die Materie „Infektionsschutz“ hat sich ultimativ entgrenzt. Zugegeben: Deutschland ist noch weit entfernt vom „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ vom 24. März 1933,[2] dem Namensgeber aller Ermächtigungsgesetze, mit dem sich der Reichstag selbst entmachtete und der Führerdiktatur den Weg auf allen Feldern ebnete. Auch damals ließ die Not alle Fraktionen des Parlaments (– sofern noch vorhanden) mit Ausnahme der SPD zustimmen. So weit ist es noch nicht: Weder soll der Bundesgesundheitsminister Gesetze im förmlichen Sinne erlassen, noch ist geplant, solche „Gesetze“ von den Bindungen der Verfassung zu befreien. Auch verbietet sich der Vergleich mit dem ungarischen Parlament, das seine Funktionen schon einmal vorsorglich, unbefristet und ohne Not an die Regierung Orbán abgetreten hat, und nebenbei gleich noch die „unzulässige Berichterstattung“ verbot.
In Reaktion auf Ungarn, doch ohne Ungarn zu erwähnen, rief die Europäische Kommission dazu auf, die Europäischen Werte der Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Geltung der Menschenrechte zu verteidigen – auch in Zeiten der Pandemie. Alle Notmaßnahmen müssten „strikt verhältnismäßig“ sein, regelmäßig überprüft werden und dürften nicht unbegrenzt gelten. Die Europäische Kommission werde „im Geiste der Kooperation” die Anwendung von Notmaßnahmen in allen Mitgliedstaaten engmaschig überwachen.[3] Dem Europäischen Parlament war das zu wenig. Es forderte die Kommission in ihrer Eigenschaft als Hüterin der Verträge auf, die Vereinbarkeit der ungarischen Gesetze mit Art. 2 EUV zu überprüfen. Sein Präsident stellte klar, dass „die Parlamente offen“ und „die Presse frei“ bleiben müssten.[4]
Eine gut versteckte Super-Ermächtigung: § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG
Kehren wir vor der eigenen Haustüre: Ausgerechnet in der Bundesrepublik Deutschland ist etwas Unerhörtes und nie Dagewesenes geschehen. Bundestag und Bundesrat beschlossen nicht nur umfangreiche Nachbesserungen am Infektionsschutzgesetz, sondern ermächtigten zugleich den Bundesgesundheitsminister, von all diesen Regelungen wieder abzuweichen. Das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27.03.2020[5] sieht u.a. Änderungen des Infektionsschutzgesetzes vor, darunter auch den jetzt neugefassten § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG:
„Das Bundesministerium für Gesundheit wird im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite unbeschadet der Befugnisse der Länder ermächtigt, … 3. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetzes sowie der auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen in Bezug auf die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, den Infektionsschutz bei bestimmten Einrichtungen, Unternehmen und Personen und gesundheitliche Anforderungen an das Personal beim Umgang mit Lebensmitteln zuzulassen, um die Abläufe im Gesundheitswesen und die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten.“
Der Bundesgesundheitsminister wird danach ermächtigt, „Ausnahmen“ vom zeitgleich gerade an die Krise angepassten Gesetz „zuzulassen“. Die wissenschaftliche Community hat die gut versteckte Regelung bemerkt und erste Schüsse schneller abgefeuert, als der Bundespräsident ausfertigen konnte: „Mit der Ermächtigung eines Bundesministeriums, gesetzesvertretendes Verordnungsrecht zu erlassen, setzt sich das Parlament in Widerspruch zu zentralen Normen der Verfassung“.[6] Formulierungskünstler schrieben von „parlamentarische[r] Selbstentmächtigung“[7] oder drastischer: „Bundesgesundheitsminister Spahn schneidert sich hier Kompetenzen auf den Leib, die dem Verfassungsjuristen die Augen aus den Höhlen treten lassen“.[8] Zwei Tage nach der Ausfertigung erfahren wir noch, dass „das gerade beschlossene Gesetzespaket durchaus auch hochproblematische Regelungen“, insbesondere die Abweichungsbefugnis für den Bundesgesundheitsminister, enthalte, weshalb man nun werde „abwarten müssen, welcher [sic] Rolle der verfassungsgerichtlichen Kontrolle … hier noch zukommen“ werde.[9] Leicht zeitversetzt folgten bereits die Fachzeitschriften. Die Allerschnellsten bemühten sich um Sichtung des normativen Dickichts, ohne das „gesetzesvertretende“ Verordnungsrecht schon zu behandeln.[10] Bedachtere Beiträge reihten § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG n.F. in ihren umfangreichen Überblick zu einem dicken Gesetzespaket ein, wobei sie sich in der Bewertung auf ein „dürften die Grenzen des Art. 80 I 2 GG … überschritten sein“ beschränkten.[11] Und damit scheint das Feld im Wesentlichen bestellt, das Thema „Neuregelungen des Infektionsschutzgesetz“ im Wettlauf abgehandelt. Bei Blogs und Medien verschwand das Corona- Ermächtigungsgesetz im Rauschen der täglich neuen News, Tweets und Posts. Der hiesige Beitrag plädiert für „Dranbleiben“ und „Vertiefen“.
Es geht nicht um juristischen Detailkram, sondern um das Grundsätzliche, nicht nur um Aktuelles, sondern Bleibendes: akuten Schaden, solange die „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ andauert, und latenten Schaden für das Verfassungsrecht. Im neuen § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG ist raffiniert von „Ausnahmen“ statt von Abweichungen vom Gesetz die Rede, so als ob es sich um ganze normale Verbotsausnahmen („Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“), nur ohne dazu passende Verbote, handeln würde. Zugleich wird kraft „anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung“ (Art. 80 Abs. 2 GG) der Bundesrat entmachtet, damit der Gesundheitsminister auch ohne Kontrolle durch die Länder an die Stelle des Gesetzgebers treten kann. Das Problem könnte uns unverhofft auf die Füße fallen, wenn die aktuellen Lockerungen zum Wiederaufflammen der Infektionen führen oder ein neues Virus uns dereinst heimsuchen sollte.
Ausschluss einer Gesundheitsdiktatur?
Ist die Sorge vor einer Gesundheitsdiktatur kraft § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG übertrieben, weil es vielleicht ausreichende Sicherungen im Infektionsschutzgesetz gibt? Immerhin verlangt § 5 Abs. 3 IfSG das Einvernehmen des Bundesarbeitsministers, jedoch nur, wenn Arbeitsrecht oder -schutz betroffen sind, und auch nicht bei „Gefahr im Verzug“ – worüber ebenfalls der Bundesgesundheitsminister entscheidet. Außerdem treten Rechtsverordnungen des Bundesgesundheitsministers mit Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, spätestens jedoch mit Ablauf des 31. März 2021, automatisch außer Kraft. Zeitgleich tritt auch die Rechtsverordnungsbefugnis des Ministers außer Kraft (Art. 3 Nr. 2 lit. a i.V.m. Art. 7 Abs. 4 Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite[12]). Über das Bestehen der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ entscheidet nach § 5 Abs. 1 IfSG immerhin der Bundestag, nachdem auch diese Kompetenz ursprünglich an die Regierung fallen sollte.[13] Womöglich können wir auch darauf hoffen, dass abweichende Rechtsverordnungen „Ausnahmen“ und nicht die Regel sein sollen. Nur: die eingebauten Sicherungen sind bescheiden, Dauer und Verlauf der epidemischen Lage unabsehbar, Wiederholungen nicht ausgeschlossen.
Es kommt deshalb entscheidend auf die Reichweite der Super-Ermächtigungsklausel an. Auf den ersten Blick darf der Gesundheitsminister aufgrund des § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG nur zu bestimmten Zwecken durch Rechtsverordnung vom Gesetz abweichen. Es muss sich thematisch um die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, den Infektionsschutz oder gesundheitliche Anforderungen an das Personal beim Umgang mit Lebensmitteln handeln, und die Verordnung muss dem Zweck dienen, „die Abläufe im Gesundheitswesen und die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten“.
Aber welche Maßnahmen sind davon wirklich ausgeschlossen? Eine Verordnung über das Wegsperren ganzer Bevölkerungsgruppen zur Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Intensivmedizin oder eine Zwangs-App zur Nachverfolgung potentieller Infektionen gibt zumindest der Wortlaut der Ermächtigungsklausel mühelos her. Es trifft zu, dass § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG den Bundesgesundheitsminister keinesfalls von der Beachtung anderer Gesetze außerhalb des IfSG enthebt. Doch mit dem Argument, dass das IfSG lex specialis sei, muss gerechnet werden, sofern es eine bestimmte Materie inhaltlich erfasst. Es trifft ferner zu, dass die neuen Befugnisse des Bundesgesundheitsministers „unbeschadet der Befugnisse der Länder“ gelten sollen (§ 5 Abs. 2 IfSG), so dass die Ausführung der Rechtsverordnungen des Bundesgesundheitsministers grundsätzlich bei den Ländern liegt (Art. 83 GG) und auch die Zuständigkeit der Länder zur Bestimmung der handelnden Behörden (§ 54 IfSG) wegen Art. 83 GG nicht überspielt werden darf.[14] Doch ändert das an der unabsehbaren Reichweite der Rechtsverordnungsbefugnis nichts.
Es ist nicht einmal klar, ob die Super-Ermächtigungsgrundlage (§ 28 IfSG) und die Super-Verordnungsermächtigung des Bundesgesundheitsministers zur Abweichung (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG) eine toxische Mischung eingehen könnten. Denn die Auffassung, wonach §§ 28 und 32 IfSG durch den Bundesgesundheitsminister nicht modifiziert oder ausgeweitet werden dürften, weil diese Befugnisnormen „nichts“ mit dem reibungslosen „Ablauf des Gesundheitswesens“ im Sinne optimierter Prozesse oder mit der „Versorgung der Bevölkerung“ im Sinne der Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen zu tun hätten, solche Ausweitungen also nicht auf § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG gestützt werden könnten,[15] kann hier nicht geteilt werden. Beide Zweckbestimmungen decken potentiell jede Form der Zentralisierung zur Covid-19-Bekämpfung ab, und zwar schon deshalb, weil Abläufe ohne Abstimmung mit den Ländern beschleunigt werden, widersprüchliche Regelungen derselben Sachverhalte vermieden werden und Versorgung aus zentraler Hand grundsätzlich „effizienter“ erscheinen mag. Über die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung mag man dann streiten. In jedem Falle wird die hier erforderliche Abgrenzung von Befugnissen und Kompetenzbereichen zeitraubender, als es die Krise erlaubt. Und welche „Ausnahmen“ auch immer aufgrund von § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG zugelassen werden sollten: Herr Spahn entscheidet, nicht das Parlament.
Machtfülle des Bundesgesundheitsministers und Grenzen des Grundgesetzes
Was sagt das Grundgesetz zu solcher Machtfülle? Womöglich könnte die Bundeskanzlerin im Wege ihrer Richtlinienkompetenz (Art. 65 GG) vorgeben, von der Ermächtigung nur im alleräußersten Notfall, etwa nur bei Ausfall des Parlaments Gebrauch zu machen. Zumindest kann sie den Bundesgesundheitsminister jederzeit aus dem Ministeramt entlassen (Art. 64 GG), als CDU-Parteifreund sogar ohne jede Koalitionskrise. Am Grundproblem einer sich verselbstständigenden Ermächtigung der Exekutive änderte dies aber nichts. Es gehört zu den fundamentalen Prinzipien des Grundgesetzes, dass die Verwaltung an Gesetz und Recht gebunden ist und alle wesentlichen Entscheidungen durch den Gesetzgeber und eben nicht durch die Regierung getroffen werden. Wo Gewaltentrennung und Gesetzmäßigkeit (Art. 20 GG) nicht gelten, da ist kein Rechtsstaat. „Wesentlich“ sind bekanntlich alle grundrechtsrelevanten Entscheidungen, gerade auch belastende Maßnahmen zur Bekämpfung von Seuchen, scharfe ebenso wie gelinde. Sicher kann die Regierung durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zur Konkretisierung zu erlassen. Dafür setzt Art. 80 GG aber enge Grenzen, indem der Gesetzgeber selbst Inhalt, Zweck und Ausmaß möglicher Rechtsverordnungen festsetzen muss (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Er muss im ermächtigenden Gesetz das Regelungsprogramm so genau beschreiben, dass die Allgemeinheit vorhersehen kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die darauf fußende Rechtsverordnung haben könnte.[16]
Wie bitte können wir voraussehen, welche „Ausnahmen“ der Bundesgesundheitsminister von den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes zuzulassen beabsichtigt? Vage Hinweise auf die Aufrechterhaltung der „Abläufe im Gesundheitswesen“ oder der „Versorgung der Bevölkerung“ klären das jedenfalls nicht. Natürlich hängen die Anforderungen an die Genauigkeit des ermächtigenden Gesetzes immer auch von der Intensität der Maßnahmen und Eigenart der geregelten Materie ab.[17] Selbstverständlich spielt es eine Rolle, dass eine Pandemie die Faktenlage täglich durcheinanderwirbelt und schnellste Entscheidungen erfordert. Aber rechtfertigt dies auch, was wir im Infektionsschutzgesetz an ungebändigter Ermächtigung sehen? Die enorme Intensität von Shut-down-Maßnahmen, Bewegungs- und Kontakteinschränkungen schreit nach einer möglichst genauen Vorklärung durch den Gesetzgeber. Komplexität und schnelle Veränderlichkeit der Situation sprechen wiederum für mehr Bewegungsfreiheit für den Bundesgesundheitsminister. Aber hat nicht gerade das Gesetz vom 27.03.2020 bewiesen, wie rasant Bundestag und Bundesrat handeln können? Warum also beschränkt das Infektionsschutzgesetz die Ermächtigung, von ihm abzuweichen, nicht auf Fälle, in denen das Parlament außerstande ist, weitere nötige Änderungen am Infektionsschutzgesetz selbst vorzunehmen?
Es darf bezweifelt werden, ob das Gesetz überhaupt eine taugliche Zweckbestimmung liefert, wenn es in der neuen Ermächtigung (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG) auf die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, den Infektionsschutz u.s.w. verweist, „um die Abläufe im Gesundheitswesen und die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten“. Denn damit werden nur scheinbar genaue Zwecke beschrieben. Tatsächlich handelt es sich zum einen Teil um die Beschreibung von Anwendungsbereich und Gesetzeszielen, wie sie auch dem gesamten Infektionsschutzgesetz zugrunde liegen. Zum anderen Teil ist von der Aufrechterhaltung von „Abläufen“ die Rede, was in einer Krisen- und Katastrophensituation per se mit zentralstaatlicher Besorgung und Versorgung in Verbindung gebracht werden könnte.
Entscheidend ist aber, was der Gesetzgeber hier nicht mitteilt: in welcher Weise und wie weitgehend der Bundesgesundheitsminister „Ausnahmen“ vom Infektionsschutzgesetz „zulassen“ darf. Das heißt, die für Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG relevante Auskunft, was sich außerhalb des Gesetzes und am Gesetz vorbei abspielen können soll, erteilt die Ermächtigung NICHT: Kein Mensch kann wissen, welcher Bindungen des Infektionsschutzgesetzes sich Herr Spahn und Nachfolgende im Amt entledigen könnten. Nahezu jede Regelung dieses Gesetzes könnte betroffen sein – und dies in völlig unbekanntem Ausmaß. Eine solche Ermächtigung verstößt eklatant gegen das Grundgesetz, d.h. den Vorrang des Parlamentsgesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG), die grundlegenden Anforderungen des Artikels 80 GG und das darin ausgedrückte Prinzip der Gewaltentrennung, die zu den änderungsfesten Strukturprinzipien des Grundgesetzes gehören (Art. 79 Abs. 3 GG).
Es ist wahr, dass das Bundesverfassungsgericht unter bestimmten Umständen akzeptiert, dass der Gesetzgeber der Verwaltung erlaubt, vom Gesetz abweichende Regelungen zu treffen. Solche Umstände liegen hier aber nicht vor. Zum einen ist § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG (hoffentlich) keine „Experimentierklausel“, die experimentelle Freiräume für die Epidemiebekämpfung eröffnen will. Zum anderen liegt auch keine erlaubte Form der Ermächtigung zur „anwendungsbeschränkenden Verordnung“ vor.[18] Das Bundesverfassungsgericht hält es zwar für vereinbar mit dem Vorrang des Gesetzes, wenn der Gesetzgeber die Anwendbarkeit bestimmter Vorschriften in Maßen beschränkt, aber nur, solange dies keine Gewichtsverschiebung im Staatsgefüge zwischen gesetzgebender Gewalt und Verwaltung bewirkt.[19] § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG fehlt es an der Fokussierung auf einzelne Bestimmungen, von denen abgewichen werden darf. Sie ist, wie schon der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages konstatierte, „erheblich problematisch“,[20] weil sie praktisch alle Regelungen des Infektionsschutzgesetzes zur Disposition des Bundesgesundheitsministers stellt, oder sagen wir besser ‚klar verfassungswidrig‘, weil sich der Bundesgesetzgeber auf dem gesamten Feld des Infektionsschutzes entmachtet hat. Mehr Gewichtsverschiebung geht nicht. Von einer Erfüllung der Anforderungen an den Vorrang des Gesetzes kann somit keine Rede sein. Aber entscheidend ist, dass auch Ermächtigungen zu ausnahmsweise „anwendungsbeschränkenden Verordnungen“ den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG („Inhalt, Zweck und Ausmaß“) genügen müssen – wovon, wie gezeigt, ebenfalls keine Rede sein kann.
Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG – mehr als „juristische Spitzfindigkeit“[21]
Begreifen weltfremde Verfassungsjuristinnen und -juristen wieder einmal nicht den faktischen Ernst der Lage? Keineswegs. Denn die praktische Bedeutung des Problems liegt darin, dass der Bundesgesundheitsminister einsame Entscheidungen nach Beratung mit Ministerialen, Vertrauten, einflussreichen Experten, Kanzlerin und Kabinett im Hinterzimmer trifft – kein Parlament, keine kritische Opposition, keine Medien, keine kritische Öffentlichkeit, bevor die fertige Rechtsverordnung das Licht der Welt erblickt. In solchen Blasen gelangen die schnellsten und politischsten, nicht aber die bestmöglichen Entscheidungen zur Geltung. Es geht hier nicht um die exekutivische Feinsteuerung eines Gesetzes durch Ausführungsbestimmungen, sondern um die Befugnis zur Abweichung vom Gesetz auch in wesentlichen Fragen des Infektionsschutzes – wann immer die Aufrechterhaltung von „Abläufen“ im Gesundheitswesen und der Versorgung der Bevölkerung behauptet werden kann. Dabei zeigen die widersprüchlichen Stellungnahmen der Fachleute in der Pandemiebekämpfung, dass mehr Debatte in Parlament und Öffentlichkeit nottut und der „Marktplatz der Ideen“ durch die Herren Spahn und Wieler nicht gefüllt werden kann.
Wie konnte es dazu kommen?
Wie konnte es dazu kommen, dass der deutsche Gesetzgeber die Kontrolle über die Bewältigung der Krise so weitgehend aus der Hand gegeben hat? Im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 24.3.2020[22] lesen wir, dass dem Bundesministerium für Gesundheit die dem Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite „entsprechenden Krisenreaktionsmaßnahmen“ ermöglicht werden sollen und die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien zur Abstimmung anzuwenden sei. Alternativen gäbe es „keine“. Am 25.3.2020 fand die erste Beratung des Entwurfs im Bundestag statt. Er wurde „im vereinfachten Verfahren ohne Debatte“ kurzerhand an den Gesundheits- und den Haushaltsausschuss überwiesen.[23] Der Gesundheitsausschuss nahm den Gesetzentwurf in unveränderter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen AfD und DIE LINKE noch am selben Tag (25.3.2020) an, nachdem die „Ablehnung des Gesetzentwurfs“ als einzige Alternative in Aussicht gestellt worden war.[24] Ohne Gesetz wollte man schließlich auch nicht dastehen. Der Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages folgte ebenfalls noch am 25.3.2020.[25]. Am 27.3.2020 stimmte auch der Bundesrat, ohne dass Ausschussberatungen stattgefunden hatten, einstimmig zu.[26] Damit entledigten sich die Bundesländer ihres Rechts aus Art. 80 Abs. 2 GG, künftigen Rechtsverordnungen auf der Basis des § 5 Abs. 2 IfSG zuzustimmen. Ausgefertigt, veröffentlicht, in Kraft, fertig …
Diese Entstehungsgeschichte legt nahe, dass § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG im Eilverfahren mit „durchgerutscht“ ist, d.h. seine Bedeutung völlig unterschätzt wurde. Der Katzenjammer kam später, und eher vereinzelt. Bündnis 90/DIE GRÜNEN kündigten nach der vernichtenden Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags[27] an, nunmehr auf eine Beteiligung von Bundestag und Bundesrat bestehen zu wollen.[28] Der am 21.4.2020 in den Bundestag eingebrachte Antrag, § 5 Abs. 2 IfSG unverzüglich zu ändern (abrufbar unter https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/187/1918712.pdf), dürfte ohne gesetzesändernde Mehrheit aber wohl kaum erfolgreich sein. Man hatte zugestimmt, man wollte eigentlich nicht, man musste aber irgendwie. Eines bleibt trotzdem denkwürdig: In der 90-minütigen Debatte des Bundestages zum Thema „Bewältigung der Corona-Krise“ kam Vieles zur Sprache,[29] von den Problemen der Wirtschaft, des Pflegepersonals, den Grenzschließungen bis hin zu Zusammenschlüssen von Opernsängern und Blumenläden („kleiner privater Rettungsschirm“). In der Plenardebatte beklagte eine Abgeordnete die (vermeintlich) fehlende Beteiligung des Bundestags „beim Erlass“ von Rechtsverordnungen, während eine in‘s Schwarze treffende Stimme zu „Blankett-Ermächtigungen“ im Anlagenwust der „Erklärungen nach § 31 GO“ verschwand (vgl. Anlagen 7 und 12 des Plenarprotokolls). Ansonsten spielte die Selbstentmachtung des Parlaments auf dem breiten und brisanten Feld des Infektionsschutzes KEINE Rolle. Warum? Ist in der Krise die Abgabe der Macht an einen tatsächlich oder vermeintlich „starken Mann“ als allzu normal erschienen, oder haben Komplexität und Eile der Corona-Notstandsgesetzgebung bewirkt, dass nicht mehr Wichtiges von Unwichtigem unterschieden werden kann? Die Abgeordneten geben an dieser Stelle Rätsel auf.
Eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ oder pandemische Lage von globaler Tragweite ist nicht die Zeit, jede misslungene Regelung auf die Goldwaage zu legen (Spitzfindigkeiten) und den Verantwortlichen, auch dem Bundesgesundheitsminister, die verdiente Anerkennung zu versagen. Aber die Corona-Krise darf nicht in eine Gesundheitsdiktatur münden. In Bezug auf das Grundgesetz ergibt sich: Der Gesetzgeber muss den verfassungswidrigen § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG neu fassen und die Rolle von Bundestag und Bundesrat so klären, dass sie alle wesentlichen Entscheidungen treffen, solange sie nur handlungsfähig sind. Krise heißt nicht, den Gesetzgeber zu entmachten (oder sich selbst zu entmachten), sondern zu klären, wer entscheidet, wenn er ausfällt oder bei „Gefahr im Verzug“ vorläufig an dessen Stelle tritt. Von § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG darf der Bundesgesundheitsminister keinen Gebrauch machen, weil er gegen fundamentale Prinzipien des Grundgesetzes verstößt.
Ein Blick über die Grenzen
Die jetzige Situation sollte ein Fest für die Rechtsvergleichung werden, weil sich niemals zuvor so viele Staaten zugleich im förmlichen[30] oder faktischen Notstandmodus befanden. Im Rahmen der Europäischen Union bildete der öffentliche Notstand bislang eher einen theoretischen Grund für die Anwendung von ordre public-Klauseln in den europäischen Verträgen, etwa im Kontext der Binnenmarktfreiheiten. Doch überschießende Regelungen können auch die gemeinsamen Werte der Union gefährden. Heute stellt sich die Frage, ob eine übereinstimmende Praxis der Staaten, ein Ordre public européen in extremis, entstehen könnte, anhand dessen sich der breite Rahmen des Art. 2 EUV konkretisieren ließe. Wieviel Notstand verträgt die Europäische Union in ihren Mitgliedstaaten? Schon der Blick auf Frankreich verspricht interessante Erkenntnisse. Denn Frankreich kennt nicht nur die „pouvoirs exceptionnels“ des französischen Präsidenten nach Art. 16 der Verfassung, sondern auch im einfachen Gefahrenabwehrrecht eine Ermächtigung der Exekutive, unter der Voraussetzung des erklärten Notstands von den Grenzen des droit commun abzuweichen. Selbst ein ungeschriebenes Notstandsregime, das im Umfeld des Ersten Weltkriegs Abweichungen von Gesetzen und Grundrechten erlaubt hatte, geistert noch durch die französische Lehre.[31] Auch das französische Notstandsgesetz Nr. 2020-290 zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 23. März 2020[32] verleiht der Exekutive, insbesondere dem Premierminister, sehr weitreichende Befugnisse.[33] – Der Gesetzgeber stellt sich aber, anders als in § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG, keineswegs selbst infrage. Ganz im Gegenteil diente die Einfügung eines eigenständigen État d’urgence sanitaire in das Gesetz über die öffentliche Gesundheit gerade dazu, die weitreichenden Anti-Terror-Bestimmungen nicht eins zu eins auf die Bekämpfung einer Pandemie zu übertragen und insbesondere das Parlament als kontrollierende Kraft einzubeziehen.[34] Zwar erlaubt das französische Covid-19-Gesetz die Erklärung des Gesundheitsnotstands durch den Ministerrat, die Verlängerung über einen Monat hinaus aber nur durch Gesetz; es begrenzt die durch Dekret zu regelnden Angelegenheiten minutiös und spricht die Kontrollbefugnisse des Parlaments explizit an (Art. L. 3131-13). Der entscheidende Unterschied zur deutschen Regelung liegt aber darin, dass es der Exekutive nicht erlaubt, von Gesetzen abzuweichen – schon gar nicht vom Covid-19-Gesetz selbst!
Verstößt § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG gegen europäische Werte (Art. 2 EUV)?
Wir wollen es nicht übertreiben. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, insbesondere auch der Vorrang des Rechts, zählen zum Kernbestand der europäischen Werte.[35] Allerdings konzentriert sich die Aufmerksamkeit der Kommission bislang auf systemische Probleme in den Mitgliedstaaten[36] und schält sich ein Mindeststandard an Gesetzesbindung in Pandemiefällen erst ganz allmählich heraus. Wie viel die „Stunde der Exekutive“ noch schlagen wird und darf, ist noch nicht abzusehen. Man stelle sich aber einmal vor, Ungarn oder Polen hätten in ihren speziellen Covid-19-Bekämpfungsgesetzen vorgesehen, den Gesundheitsminister oder die Regierung zu ermächtigen, „Ausnahmen“ von ihren Gesetzen „zuzulassen“. Dass Ungarn weit mehr als das geregelt hat, mag einmal dahinstehen. Aber was für ein Beispiel gibt Deutschland ab? § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG liegt im Vorfeld europäischer Bedenklichkeit, denn an dieser Stelle ist das Parlament nicht mehr ganz, sondern bestenfalls „halb offen“.[37] Die Lage ist außergewöhnlich. Aber „Not kennt kein Gebot“ ist ohne dickes Ende nicht zu haben.
Nachlese
Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 IfSchG wurde durch Art. 1 Nr. 4 b) aa) des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. 2020 Teil I Nr. 52, S. 2397) aufgehoben. Die Aufhebung trat am 19.11.2020 in Kraft (Art. 8 Abs. 1 Drittes IfSchG).
Die Begründung im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 3.11.2020 beschränkt sich dazu auf den Satz: „Die im rechtswissenschaftlichen Schrifttum umstrittene Ermächtigung nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 kann entfallen, weil von ihr vom BMG auch kein Gebrauch gemacht wurde.“ (BT-Drs. 19/23944, S. 25).
Daraus können wir zweierlei entnehmen: Die Regelung ist „umstritten“, und es ist von ihr „auch kein Gebrauch gemacht“ worden. Es scheint sich um eine rechtswissenschaftliche Kontroverse um eine Norm zu handeln, die man, egal ob richtig oder falsch, ganz pragmatisch entfallen lassen kann, weil der Bundesgesundheitsminister sie ohnehin nicht gebraucht hat. Man möchte ja nicht wissen, wie viele Regelungen mit dieser Begründung noch aufgehoben werden könnten oder sagen wir besser müssten. Einsicht in die nie da gewesene Grenzüberschreitung, die § 5 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 IfSchG a.F. beinhaltete, sieht jedenfalls anders aus. Aber vielleicht können wir die Begründung auch als peinlich-verschämten Versuch interpretieren, die Super-Ermächtigungsnorm des Infektionsschutzgesetzes möglichst wort- und geräuschlos in der Versenkung verschwinden zu lassen? Sie wurde beseitigt, gerade weil eine offene Debatte stattfand und die Regierungsfraktionen zum Einlenken bewegte, aber auch weil in diesem Lande mit einer unabhängigen Justiz zu rechnen ist. Das wusste auch der BMG, als er von seinen scheinbaren Möglichkeiten keinen Gebrauch machte.
Ende gut, alles gut? Wer nun bei jeder neuen Maßnahmebefugnis im Infektionsschutzgesetz „Ermächtigungsgesetz“ raunt, verunklart den entscheidenden Unterschied, der zwischen der Ausdehnung einzelner Befugnisse und einem (kleinen) Ermächtigungsgesetz wie § 5 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 IfSchG a.F. liegt. Die inhaltlich-gegenständliche Ausdehnung einzelner Handlungsbefugnisse kann gut oder misslungen, verfassungsgemäß oder verfassungswidrig sein; das Ermächtigungsgesetz aber entgrenzt die Kompetenzen der Regierung, es korrodiert die Gewaltentrennung und mit ihr das System von innen. Es bleibt die beunruhigende Erkenntnis, dass die gesetzgebenden Körperschaften in einer Notsituation, doch ohne Not bereit waren, die unverbrüchliche Gesetzesbindung der Exekutive, das Fundament des demokratischen Rechtsstaats, an einer ganz brisanten Stelle preiszugeben. In diesem Falle haben die Schutzmechanismen gegen Entgleisung funktioniert.
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* Alle Informationen zu Prof. Dr. Dagmar Richter finden Sie hier.
[1] Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20.7.2000, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 27.3.2020 (BGBl. I S. 587).
[2] Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24.3.1933, RGBl. 1933 I, S. 141.
[3] Statement by President von der Leyen on emergency measures in Member States vom 31. März 2020.
[4] Sassoli on Hungary: Parliaments must remain open and the press must remain free, 31. März 2020.
[5] Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27.03.2020 (BGBl I, S. 587).
[6] Klaus F. Gärditz/ Florian Meinel, Das neue Infektionsschutzgesetz – Unbegrenzte Ermächtigung? FAZ Nr. 73 vom 26.3.2020, S. 6.
[7] Christoph Möllers, Parlamentarische Selbstentmächtigung im Zeichen des Virus, Verfassungsblog vom 26.3.2020.
[8] Maximilian Steinbeis, Sancta Corona, ora pro nobis, Editorial, Verfassungsblog vom 27.3.2020.
[9] Sophie Schönberger, Die Stunde der Politik, Verfassungsblog 29.3.2020.
[10] Ludger Giesberts/Michael Gayger/Philip Weyand, COVID-19 – Hoheitliche Befugnisse, Rechte Betroffener und staatliche Hilfen, NVwZ 2020, 417 ff.
[11] Stephan Rixen, Gesundheitsschutz in der Coronavirus-Krise – Die (Neu-)Regelungen des Infektionsschutzgesetzes, NJW 2020, 1097 (1102/1103).
[12] Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27.3.2020 (BGBl. 2020 I, S. 587).
[13] Rixen, a.a.O. 1102 m.N. Mit einem Protokoll zu den „fünf historischen Tagen“ Der Spiegel, Nr. 14 vom 28.3.2020, S. 26 ff. („Mit heißer Nadel“).
[14] Siehe Rixen, a.a.O. 1102 f., auch mit Hinweisen zur bundeseigenen Verwaltung aufgrund § 5 Abs. 2 Nr. 6 IfSG.
[15] Rixen, a.a.O. 1103.
[16] BVerfGE 19, 354, 361 ff.; 23, 62, 72; 78, 249, 272.
[17] BVerfGE 58, 257, 277 f.
[18] Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Staatsorganisation und § 5 Infektionsgesetz, 2.4.2020, WD 3-3000-080/20.
[19] BVerfGE 8, 155, 171.
[20] Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, a.a.O.
[21] Siehe zur mehrfach gebrauchten Formulierung des österreichischen Bundeskanzlers etwa Die Presse, 7.4.2020 (Kurz weist „juristische Spitzfindigkeiten“ zurück); Hans Rauscher, Kurz: „Spitzfindigkeiten“ oder Rechtsstaat? Der Standard, 8.4.2020.
[22] Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucksache 19/18111 vom 24.3.2020.
[23] BT-Plenarprotokoll 19/154 vom 25.3.2020.
[24] Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 19/18156 vom 25.3.2020.
[25] BR-Drs. 151/20 vom 26.3.2020 (Gesetzesbeschluss des BT).
[26] Bundesrat, 988. Sitzung vom 27.3.2020 (Plenarprotokoll 988), S. 99.
[27] A.a.O.
[28] FAZ Nr. 81 vom 4.4.2020, S. 8 („Erheblich problematische Reform“), unter Bezugnahme auf Katja Keul.
[29] Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/154 vom 25.3.2020.
[30] Zu Erklärungen betreffend Art. 15 EMRK Council of Europe, Treaty Office, Reservations and Declarations for Treaty No.005 – Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, Stand 19.4.2020. S.a. Martin Scheinin, Covid-19 Symposium: To Derogate or Not to Derogate? Opinio Juris 6.4.2020.
[31] Gaillet, Aurore/Gerhold, Maximilian, Etat d’urgence sanitaire: Wie Frankreich den [sic] Coronavirus bekämpft, Verfassungsblog vom 27.3.2020, unter Hinweis auf die Loi n° 55-385 du 3 avril 1955 relative à l’état d’urgence, die Loi n° 2017-1510 du 30 octobre 2017 renforçant la sécurité intérieure et la lutte contre le terrorisme sowie die Heyriès-Entscheidung des Conseil d’État von 1918 zur Théorie des circonstances exceptionnelles.
[32] Loi n° 2020-290 du 23 mars 2020 d’urgence pour faire face à l’épidémie de covid-19, JORF n°0072 du 24 mars 2020.
[33]Siehe den Überblick bei Gaillet/Gerhold, a.a.O.
[34] S. dazu die Stellungnahme von Philippe Bas, Präsident der Commission des lois des Senats: „Chacun savait la responsabilité collective de parvenir à un accord, sans hypothéquer les libertés fondamentales ni le contrôle du Parlement, pour donner les moyens au gouvernement de combattre ce fléau“ (Jeder wusste um die kollektive Verantwortung, eine Einigung zu erzielen, ohne die Grundfreiheiten oder die parlamentarische Kontrolle zu gefährden, um der Regierung die Mittel zur Bekämpfung dieser Seuche an die Hand zu geben). Zitiert nach Patrick Roger, Coronavirus: ce que contient la loi instaurant un « état d’urgence sanitaire » votée par le Parlement, Le Monde, 22.3.2020 (update 23.3.).
[35] S. etwa Jörg Philipp Terhechte, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar EUV –GRC – AEUV, Bd. I 2017, Art. 2 EUV, Rn. 16, 20 m.w.N.
[36] S. etwa Mitteilung der Kommission v. 11.3.2014 zu einem neuen EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips, KOM(2014) 158 final.
[37] S. Anm. 4 mit Haupttext.
Suggested Citation: Richter, Dagmar, Das Corona-Ermächtigungsgesetz: ein schlechtes Beispiel für Europa?, jean-monnet-saar 2020, DOI: 10.17176/20220706-154654-0