Update zum Lieferkettengesetz: Regierungsentwurf im Bundeskabinett verabschiedet

04.03.2021

Ein Beitrag von Katharina Koch*

Nachdem die Einigung zwischen den Ministerien für ein Lieferkettengesetz aufgrund der Weigerung des Wirtschaftsministeriums auf wackeligen Beinen stand (wir berichteten auf dem Blog), konnten die beteiligten Ministerien sich noch einigen, sodass gestern endlich der Regierungsentwurf[1] im Bundeskabinett verabschiedet werden konnte.[2] Dieser entspricht im Kern dem Referentenentwurf.[3] Die vorgenommenen Änderungen beziehen sich ausschließlich auf den Bußgeldkatalog.

Anders als in dem Referentenentwurf soll das Bußgeld nicht mehr in allen Fällen vom Gesamtumsatz des Unternehmens abhängig gemacht werden. Vielmehr sieht der Regierungsentwurf in § 24 Abs.2 vor, dass abhängig von der Ordnungswidrigkeit Bußgelder von 100.000€ bis zu 800.000€ verhängt werden können. Damit werden die Bußgelder wohl eher geringer ausfallen, als wenn diese wie ursprünglich vorgesehen an den Geschäftsumsatz angeknüpft hätten.

Bei Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro sollen Verstöße gem. § 24 Abs. 3 S. 1 mit einer Geldbuße von bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes geahndet werden. Auch wenn diese Grenze nicht sehr hoch erscheint, kann dies aber zu empfindlichen Bußgeldern führen. Bei Apple und Nestlé entsprechen die 2 Prozent des Umsatzes ungefähr 6,2 Milliarden Euro.[4] Damit werden gerade bei größeren Unternehmen empfindliche Bußgelder vorgesehen.

Neu eingefügt wurde der § 24 Abs. 4, der Umstände nennt, die von der Behörde bei Verhängung des Bußgeldes zu berücksichtigen sind. Dazu zählen nach § 24 Abs. 4 S. 3 unter anderem der Vorwurf, der den Täter trifft, die Beweggründe, das Gewicht, Ausmaß und die Dauer sowie die Auswirkungen der Ordnungswidrigkeiten. Durch diese ausdrückliche Aufzählung der zu berücksichtigenden Umstände wird eine solide Grundlage für die Berechnung festgelegt. Überzeugend ist an dieser Stelle, dass ausdrücklich auch die Folgen berücksichtigt werden sollen.

Die Grenzen, wann ein Unternehmen für einen Verstoß von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden kann, wurden in dem Regierungsentwurf jetzt auch festgelegt. Nach § 22 Abs. 2 S. 1 kann ein solcher Ausschluss erfolgen, wenn ein Bußgeld von mind. 175.000€ verhängt wurde.

Mit dieser Einigung im Bundeskabinett hat das deutsche Lieferkettengesetz die nächste Hürde zur Freude der beteiligten Minister genommen und soll nun in den Bundestag eingebracht werden, damit das Gesetz noch im Sommer verabschiedet werden kann.[5] Es bleibt nun mit Spannung zu erwarten, an welchen Stellen der Deutsche Bundestag Veränderungen vornehmen wird.

Auch wenn die Freude über die nun erzielte Einigung auf Kabinettsebene groß war, wurde schon im Vorfeld deutliche Kritik an diesen Plänen aus Brüssel vom Justizkommissar Reynders geäußert. Ihm gehen die deutschen Regelungen aufgrund ihrer fehlenden zivilrechtlichen Haftung, ihrer Beschränkung auf 3.000 bzw. 1.000 Arbeitnehmer:innen und der Eingrenzung der Risikoanalyse auf die unmittelbaren Zulieferer nicht weit genug.[6] Dies soll in einem europäischen Lieferkettengesetz anders geregelt werden.[7] Ob das der Fall sein wird, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.


*Dipl.-Jur. Katharina Koch, LL.M., war wissenschaftliche Hilfskraft und Doktorandin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Thomas Giegerich.

[1] Der Regierungsentwurf ist hier abrufbar: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-sorgfaltspflichtengesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (03.03.2021).

[2] Deutschlandfunk, Kabinett bringt Lieferkettengesetz auf den Weg, 03.03.2021 https://www.deutschlandfunk.de/menschenrechte-kabinett-bringt-lieferkettengesetz-auf-den.2932.de.html?drn:news_id=1233748 (03.03.2021).

[3] Eine ausführliche Analyse des Referentenentwurfs finden Sie hier: Koch, Katharina, Der Referentenentwurf für ein deutsches Lieferkettengesetz – ein „Gesetz mit Zähnen“ oder doch nur ein zahnloser Tiger?, 03.2021, https://jean-monnet-saar.eu/?page_id=30476 (03.03.2021).

[4] Presseportal, Nach Beschluss in Deutschland: Bürgerinitiative für Lieferkettengesetz in Österreich startet breite Mitmach-Bewegung, 03.03.2021, https://www.presseportal.de/pm/153626/4853164 (03.03.2021).

[5] Wallner, Regina, Kabinett bringt Lieferkettengesetz auf den Weg (03.03.2021), https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/lieferkettengesetz-heute-thema-im-bundeskabinett,SQa80Te (03.03.2021).

[6] FAZ, EU dringt auf ein noch härteres Lieferkettengesetz, 03.03.2021, S. 16.

[7] FAZ, EU dringt auf ein noch härteres Lieferkettengesetz, 03.03.2021, S. 16.

Suggested Citation: Koch, Katharina, Update zum Lieferkettengesetz: Regierungsentwurf im Bundeskabinett verabschiedet, jean-monnet-saar 2021, DOI: 10.17176/20220530-103200-0

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